SEXSHOP IN TEL AVIV?

Halb Vintage-Modeshop, halb Sexboutique. Die Tochter des Rabbis und Autors Shmuley Boteach hat in Tel Aviv einen koscheren Sexshop eröffnet.

Wer auf der Montefiore-Straße im Zentrum Tel Avivs einen Laden aufmachen will, sollte ein Händchen für Mode haben. Dort reiht sich Boutique an Boutique. Chana Boteach wäre das allein zu langweilig. Die Hälfte ihrer Ladenfläche hat sie Sextoys und Erotikartikeln gewidmet. Alles koscher, versteht sich. Und im Grunde nutzt sie die Vintage-Mode nur als Köder. In einem Interview sagt Boteach: »Das senkt die Hemmschwelle hereinzukommen.«

Familientradition: Koscherer Sex als Marke

Mit ihrem Shop für koscheren Sex setzt die 28-jährige Unternehmerin eine Familientradition fort. Ihr Vater, der bekannte Rabbi Shmuley Boteach hat 1999 einen Bestseller geschrieben »Kosher Sex: A Recipe for Passion an Intimacy«. Seitdem ist der Name Boteach auch eine Marke, er steht für die Vereinbarkeit von Religion und Sinnlichkeit.

Schon in der ersten Woche nach dem Erscheinen verkaufte sich das Buch ihres Vaters über 65.000 Mal. In den folgenden zwei Jahrzehnten hat die Familie mehrere lukrative Geschäfte aus der Grundidee, den Menschen koscheren Sex zu lehren, entwickeln können.

So hält Shmuley Boteach Vorträge, betreibt mit seiner Tochter eine aufklärerische Webseite und einen eigenen Podcast. Der prominente Rabbi arbeitet mit Pamela Anderson zusammen und ist seit Jahren mit der Skandal-Comedienne Roseanne Barr befreundet.

Intimität und Zweisamkeit im Mittelpunkt

Für Chana Boteach geht es bei koscherem Sex vor allem um Intimität. Im Interview sagt mit der israelischen Tageszeitung Haaretz sagt sie: »Koscherer Sex meint im Grunde die Rückeroberung der Sexualität und sie für das zurückzugewinnen, wofür sie ursprünglich gedacht war, nämlich Intimität zwischen zwei Menschen herzustellen.«

Boteach und ihr Vater leiten ihre Vorstellung von koscherer Sexualität aus dem jüdischen Konzept des Tikun Olam ab, das übersetzt so viel heißt wie: Ewiger Wandel. Dahinter steckt auch die Idee einer Auslöschung des Makels und einer Wiederherstellung der Harmonie. »Sexualität hat viel damit zu tun«, sagt sie. »Sie kann einerseits das Heiligste sein, das man tun kann. Aber sie kann auch entwürdigt werden, wie wir es in unserer heutigen säkularen Welt beobachten können, in der Sex mit Skandalen einhergeht. Die Menschen verbinden ihn mit Schmerz.«

Paare jedweder sexuellen Ausrichtung willkommen

Anders, als man nun vielleicht denkt, ist der Laden keineswegs in traditioneller Weise konservativ. Boteachs Sicht auf die Menschen und Intimität ist weiter gefasst. Nicht nur verheiratete Paare seien willkommen. »Jeder, der an Bindung und die Verbreitung von Liebe in der Welt glaubt und mit jemandem intim sein und lernen möchte, ist hier willkommen.« Und an der Sprachregelung erkennt man, dass Kosher Sex auch offen für Schwule, Lesben und Trans-Menschen offen ist.

Sie verweist auf die Torah, in der es laut Boteach zwar Probleme mit Homosexualität gäbe, in der aber auch die Maßgabe enthalten sei, dass man, wenn man sich nicht an alle Gebote und Regeln halten kann, dann soll man halt so viele einhalten, wie einem möglich sei. »Man tut, was man kann. Das ist Judentum.«
Buntes Publikum im Laden in Tel Aviv

Und so offen wie Boteachs Vorstellung von koscherem Sex ist auch der Kundenstamm des im Juni eröffneten Shops. Alte wie junge Frauen, Männer, die ihren Frauen ein Geschenk kaufen wollen. So erzählt sie von einem 80-Jährigen, der seiner Frau zum 50. Hochzeitstag einen Vibrator kaufte.

Die junge Sexshop-Betreiberin hat sich allerdings trotz der engen Zusammenarbeit mit ihrem Vater auch teilweise von seinen Positionen distanziert. Sie versteht sich auch als Feministin und ist überzeugt, dass Judentum und weibliche Sexualität hervorragend zusammenpassen.

Kritik hält sich in Grenzen

Natürlich ist nicht alles so einfach, wie es klingt. Zahlreiche traditionelle, erzkonservative Bürger der Stadt beschweren sich über sie und ihren Vater. Boteach sagt aber, dass sie seit zwanzig Jahren mit solchen Kritiken lebe und das längst ausblenden kann. Sonderlich viel Kritik habe es an ihrem Ladenkonzept bisher aber nicht gegeben.

Expansionspläne: Kosher Sex in den USA?

Boteach weiß, wie viel Potenzial in ihrer Marke steckt und lässt in Interviews durchblicken, dass sie sich vorstellen könne, auch Flächen in den USA, beispielsweise in New York und Los Angeles, zu eröffnen. Dabei würde sie das Kombi-Konzept mit Vintage-Kleidung beibehalten. »Ich glaube, die Kombination ist ein sehr gutes Konzept. Man fühlt sich einfach nicht eingeschüchtert, weil eben keiner weiß, warum man im Laden ist. Man kann sich die Kleidung anschauen und dann kurz herüber laufen und Fragen stellen.«

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